Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und das Streben nach Veränderung: Ein Gespräch mit Simone Alabor.
Was war für dich der grösste Erfolg während deiner Zeit im Verein?
Vermutlich denkst du jetzt, dass ich die Gründung von RecyPac nenne – aber eigentlich hat das schon viel früher angefangen. Ich glaube der grösste Erfolg aus meiner Sicht war PRISMA, an dessen Anfang wir als Verein GKR standen. Ich hatte da vor einiger Zeit die Geschäftsführung des Vereins GKR übernommen und habe als Erstes mit allen involvierten Stakeholdern Gespräche geführt. Und da wurde mir schnell klar, dass die bestehenden Akteure eigentlich alle sehr zufrieden damit waren, lediglich den Status Quo aufrechtzuerhalten. Es war dann auch diese Erkenntnis, die dazu geführt hat, dass wir nach weiteren Akteuren gesucht haben, die vor einem ähnlichen Problem stehen, um mit mehr Sprengkraft vorwärtszumachen. Und wir haben sie gefunden, in den Produzenten von Kunststoffverpackungen und in den Inverkehrbringern, sowie auch einzelnen Detailhändlern. Alles innovative Unternehmen, die mit der Kreislaufwirtschaft vorwärtsmachen wollten. Und das war dann auch das gemeinsame Ziel, das PRISMA zusammengehalten hat. Wir waren eine starke Gruppe von vielen verschiedenen Unternehmen und Personen, die etwas bewegen wollten. Wir haben Bewegung in den Markt gebracht und auch politisch bei der Revision des Umweltschutzgesetzes unsere Spuren hinterlassen.
Wenn du an die letzten knapp 10 Jahre zurückdenkst – was hat dir in deiner Arbeit beim Verein am meisten Freude bereitet?
Die Zusammenarbeit mit so vielen verschiedenen Menschen: Die Entsorgungshofbetreiberin, die das Geschäft von ihrem Vater übernommen hat und mit viel Energie vorangeht; die Konsumentin, die uns per Post ihre gesammelten Getränkekartons geschickt hat; unser engagiertes Team; der Recycler in Italien, mit dem man zuerst mal in Ruhe einen Kaffee trinkt, bevor man übers Geschäft spricht; der Leiter einer mittelgrossen Firma, die Verpackungen in Umlauf bringt und nicht versteht, warum es in der Schweizer Recyclingpolitik so langsam vorwärtsgeht etc. Das sind nur Beispiele für die vielen verschiedenen Welten, die zusammengekommen sind. Alle hatten sich einig, dass sie Teil unserer Bewegung waren, die für ein nationales Sammelsystem von Getränkekartons gekämpft hat.
Gab es auch mal Momente, in denen du keine Lust mehr hattest?
Es gab Momente, in denen ich mir an den Kopf gelangt habe und mich schon gefragt habe, wie wir da jemals vorwärtskommen sollten mit unseren Klima- und Umweltthemen. Die grössten Frustmomente für mich waren eigentlich immer damit verbunden, dass jemand mit aller Kraft versucht, an einem Status Quo festzuhalten, einfach weil es die letzten Jahre so gemacht wurde. Die fehlende Offenheit für Fortschritt hat sich in vielen diversen Situationen gezeigt und macht mir auch heute noch etwas Bauchweh, wenn ich an die Schweiz generell denke. Ich habe das Gefühl, dass wir zu sehr von Angst geprägt sind, auch in der Politik und zu wenig von der Freude am Neuen und der Innovation. So werden wir immer weiter abgehängt.
Kannst du Beispiele nennen?
Konkret gezeigt hat sich das an vielen Momenten: Zum Beispiel als ich in der Anfangszeit immer und immer wieder argumentieren musste, weshalb man recyceln sollte und nicht verbrennen. Da kam immer wieder das alte Argument, dass die Kehrichtverbrennungsanlagen dann weniger verbrennen können. Mittlerweile hat sich das glücklicherweise gelegt. Frustrierend war es auch zu sehen, wie einfach sich ein paar wenige Kennzahlen instrumentalisieren lassen. Der Getränkekarton hatte auch ohne Recycling schon immer eine gute Ökobilanz. Dann haben ein paar clevere Leute einfach gesagt, dass das Recycling zu viel kostet und zu wenig nützt. Man hat als Beispiel die Plastikflaschen genommen, die ohne Recycling viel schlechter dastehen als der Getränkekarton. Die Argumentation wäre nachvollziehbar für ein Amt, das beispielsweise die Nutzung von öffentlichen Geldern verargumentieren muss. Aber nicht für die Wirtschaft, in der jeder Akteur daran arbeiten sollte, dass sein/ihr Geschäftsmodell zukunftstauglich ist. Es bedeutet im Umkehrschluss nämlich auch, dass die Getränkekarton-Produzenten ihre Verpackung so verschlechtern müssten, dass sich dann plötzlich durch das Recycling eine höhere Gutschrift ergibt.
Was hat dich als Person am meisten wachsen lassen?
Der anfängliche starke Widerstand von vielen verschiedenen Akteuren war einerseits frustrierend, hat mir aber auch gezeigt, dass ich jemand bin, der nicht so schnell aufgibt. Ich denke, da habe ich viel über mich gelernt.
Wie hast du es geschafft, dich trotz der Herausforderungen immer wieder zu motivieren?
Ich hatte immer das Vergnügen, mit einem Vorstand und Team zusammenzuarbeiten, die mir den Rücken gestärkt und mich unterstützt haben.
Wie hat die Arbeit im Verein dein persönliches Verständnis von Recycling und Nachhaltigkeit verändert?
Ich habe gelernt, dass es eigentlich keine Rolle spielt, ob man über Recycling, Nachhaltigkeit oder Innovation spricht. Es gibt immer Menschen, die Angst vor Veränderungen haben und solche, die offener sind für Veränderungen.
Wenn du an die Zukunft des Vereins denkst: Was wünschst du dir am meisten für die nächsten Jahre?
Ich wünsche mir, dass der Verein die ambitionierten Sammel- und Recyclingquoten erreicht. Und dass er immer offen bleibt für neue Entwicklungen, die Zukunft proaktiv mitgestaltet und manchmal auch über das eigene Gärtchen hinaus mitdenkt und vorwärtstreibt.